Nachfolgende Erläuterungen stammen von der Homepage der Bogengilde-Sankt-Helena für deren Erlaubnis zur Nutzung ich mich recht herzlich bedanken möchte. Dieser Verein trägt in jedem Jahr ein Englisches-Turnier nach den nachfolgend beschriebenen Regeln aus. Für die teilnehmenden Schützen eine sicherlich schöne Abwechslung vom herkömmlichen FITA (70m) schießen.
Bogenschießen als Wettkampfsport: DIE HISTORIE DER YORK-RUNDE
Der Bogensport, eine der ältesten Sportarten überhaupt, entwickelte sich aus dem Gebrauch von Pfeil und Bogen für die Jagd und die Kriegsführung. Vor allem im England des Mittelalters gab es viele Gesetze, die das Bogenschießen, und somit das Kriegswesen, förderten. So wurde z.B. unter der Regentschaft von Richard II im Jahre 1388 ein Gesetz erlassen, das alle Knechte und Arbeiter zum Besitz eines Bogens und dem Üben mit diesem an Sonn- und Feiertagen verpflichtete.
Als dann im 16. Jahrhundert das Interesse an Pfeil und Bogen schwand, war dies vor allem dem Aufkommen der Feuerwaffen zuzuschreiben. Obwohl einige Enthusiasten bestrebt waren die Traditionen zu wahren, wurde das Bogenschießen von der Obrigkeit nicht länger gefördert und die entsprechenden Gesetze wieder aufgehoben.
Als der Prince of Wales, der spätere König George IV (1762-1830), im Jahre 1787 Schirmherr der Toxophilite Society wurde, erlebte der zu jener Zeit nicht mehr hoch im Kurs stehende Bogensport einen regelrechten Boom und kam in Mode. 80 Jahre nach Gründung der „Toxophilite Society" (später „Royal Toxophilite Society") im Jahre 1781 sollte die Gründung der „Grand National Archery Society" (GNAS), des Englischen Bogensportverbandes, einen Wendepunkt im Bogensport darstellen. Mit Gründung der „Federation International de Tir a l‘ Arc" (FITA) im Jahre 1931 in Paris wurde dann die Festlegung von weltweit anerkannten Richtlinien im Bogensport erzielt, was zur Wiedereinführung des Bogenschießens als olympische Disziplin im Jahre 1968 führte.
Prinz George, der bereits als Teenager seine Liebe zu Pfeil und Bogen entdeckte, erkannte schon bald, daß es einfach zu viele verschiedene Arten von Zielscheiben und Wertungssystemen gab um die Leistungen der Bogenschützen aus verschiedenen Regionen miteinander vergleichen zu können. Er legte einen Standard für die zu schießenden Entfernungen fest, der als die „Prince‘s Lengths" bekannt wurde. Geschossen wurde auf 100 Yards, auf 80 Yards und auf 60 Yards Entfernung. Auch die Zielscheiben wurden von dem Prince of Wales standardisiert. Das Maß von 12 Handspannen (4 Fuß oder 122cm) im Durchmesser hat sich bis heute nicht verändert. Die „Handspanne" als Maßeinheit war üblich für die Größenangabe (Höhe) von Pferden und wird in England übrigens noch immer für diesen speziellen Zweck angewandt.
Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte das Bogenschießen in England einen weiteren Boom. 1843 schlug ein Mr. William Gray von den Thirsk Bowmen den damaligen Größen des Bogensports die Einführung eines jährlichen Wettkampfes aller Bogenschützen des Königreiches vor, der während eines Treffens aller Bogenvereine stattfinden sollte. Als Wettkampfdistanzen wurden die „Prince‘s Lengths" festgesetzt. Die Anzahl der Pfeile, die auf die jeweiligen Entfernungen geschossen werden sollten (72 auf 100 yd, 48 auf 80 yd und 24 auf 60 yd), wurde so gewählt, dass ein mittelmäßiger Schütze auf jeder Distanz in etwa das gleiche Ergebnis erzielen, ein guter Schütze auf die langen Entfernungen und ein schlechter Schütze auf die kurze Entfernung besser sein würde.
Seit dann im Jahre 1844 zum ersten Mal ein „Grand National Archery Meeting" (GNAM) in York abgehalten wurde um den Britischen Meister im Bogenschießen zu ermitteln, wurde fortan diese festgelegte Runde als die „York-Runde" bekannt. Die ursprünglich auf einen Tag angesetzte Meisterschaft musste jedoch wegen des schlechten Wetters unterbrochen und am folgenden Tag fortgesetzt werden. Bei den von da an jährlich stattfindenden GNAM‘s wurde sodann jedoch eine Doppel-York-Runde durchgeführt, geschossen an zwei Tagen. Diese Tradition, den Britischen Meister im Bogenschießen zu ermitteln, konnte sich 126 Jahre lang, bis 1971, halten, als für die Britischen Meisterschaften ein separater Wettkampf eingeführt wurde.
Es wurden von Beginn der Einführung der York-Runde an immer wieder Versuche unternommen, entweder die 100 Yard Entfernung oder die Anzahl der Pfeile zu reduzieren. Dies konnte jedoch von den erfahrenen Bogenschützen jener Zeit mit entsprechend stichhaltigen Argumenten verhindert werden. Die York-Runde mit ihrem ausgewogene Verhältnis von der Anzahl der Pfeile zur jeweiligen Distanz konnte somit in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben.
Bei der Gründung der GNAS im Jahr 1861 wurde für die Austragung aller offiziellen Wettkämpfe die Doppel-York-Runde für Männer und die Doppel-National-Runde (2 Runden zu je 48 Pfeilen auf 60 yd und 24 Pfeilen auf 50 yd) für Damen festgelegt. Die Doppel-National-Runde wurde 1947 durch die Doppel-Hereford-Runde ersetzt (2 Runden zu je 72 Pfeilen auf 80 yd, 48 Pfeilen auf 60 yd und 24 Pfeilen auf 50 yd).
Der herausragendste Bogenschütze Großbritanniens im 19. Jahrhundert war Horace A. Ford. Elfmal in Folge, von 1849 bis 1859, errang er mit seinem Langbogen den Titel des Britischen Meisters. Sein 1857 gesetzter Rekord in der Doppel-York-Runde von 1251 Ringen konnte erst 72 Jahre später, 1929, gebrochen werden.
Zur damaligen Zeit, vor 150 Jahren, war ein derartiges Bogenturnier ein großes gesellschaftliches Ereignis. Heutzutage ist es für uns unvorstellbar, dass die Bogenschützen damals durch ein Polizeiaufgebot von den Zuschauern, die den ganzen Tag lang eintrafen, abgeschirmt wurden! Es muss schon ein imposantes Szenario gewesen sein als nach dem Ruf des Horns, das den Beginn des Turniers verkündete, die Bogenschützen in Position gingen - allesamt grün gekleidet, die grünen Hüte mit Federn geschmückt und stolz die bereits in früheren Wettkämpfen errungenen Medaillen und Auszeichnungen zur Schau tragend ihre Bögen spannten. Das Ende eines solchen Turniers wurde in der Regel mit einem Festessen im Rahmen einer Tanzveranstaltung - je nach Wetterlage entweder im Banketsaal oder im Freien unter Dächern aus Segeltuch - bei Musik und manchmal auch mit Theatereinlagen ausgiebig bis tief in die Nacht hinein gefeiert.
Die Art der Durchführung hat sich natürlich etwas geändert, aber die Beliebtheit der York-Runde in England ist geblieben. Vielerorts wird sie dort noch immer der Fita-Runde vorgezogen, die eigentlich nur zu internationalen Anlässen geschossen wird. Vor allem für die Langbogenschützen stellt die York-Runde eine echte Herausforderung dar und wird teilweise sogar ausschließlich für diese zum Turnier ausgeschrieben.
Quellen:
Doug Hart (Dozent für Geschichte an der Universität in Nottingham)
The Archery Library Books
The Grand National Archery Society
Stickbow – Horace Ford
Royal Genealogies – Menue
nach oben
|